Noobtalker im Leistungstest
Los ging es mit einem Aufruf eines Sportwissenschaftlers zu begleitendem Training mit Leistungstest in der Boulderwelt. Es zeigten sich zunächst viele Interessierte im Boulderchat. Der Aufruf kam leider kurz vor der erneuten Schließung der Kletter- und Boulderhallen, sodass das Ganze nicht mehr durchführbar war.
Nachdem ich vor sehr, sehr vielen Monden einige Leistungstests im kletterspezifischen Kraftbereich gemacht hatte, kam dann aber die Idee auf, selbst einen Leistungstest durchzuführen, während des Lockdowns motiviert daheim an zu trainieren und die Erfolge bzw. Misserfolge dann in einem zweiten Test ein bis zwei Monate später zu dokumentieren.
Zunächst waren Einige Feuer und Flamme, die Schar der Willigen schrumpfte dann aber auf Christoph und mich zusammen.
Anfang November stürzten wir uns in meinem Folterkeller ins Testgeschehen und legten folgende Testkriterien fest:
- Einarmiges Blockieren an Henkel (Zeitmessung)
- Einarmiges Anziehen an 5cm Leiste (Be- bzw.- Entlastung in kg)
- Gleiches an 2cm Leiste
- abschüssiger 4 Fingergriff beidarmig (Haltezeit)
- abschüssiger 3 Fingergriff beidarmig
- Sloper beidarmig
- 2 Finger Leiste (ca. 1cm)
- Liegestütz (Anzahl)
- Plank (Zeit)
Wir haben versucht, sowohl maximalkräftige als auch Ausdaueraspekte einzubauen.
Während die Liegestütze eher weniger relevant sind – Christoph wollte mich halt in einer Disziplin schlagen ;-) – ist Körperspannung für das Klettern sehr wohl bedeutend. Ob das unbedingt Planks sein müssen oder eher andere Dinge, wie z.B. Hangwaage, sei mal dahingestellt. Planks sind aber leicht realisierbar.
Nach dem ersten Test Anfang November verabredeten wir, den zweiten Test nach ca. vier bis sechs Wochen durchzuführen.
DAS TRAINING
Dirk:
Ich habe in der Zeit sehr unterschiedlich trainiert. Ich war im November noch häufig draußen bouldern und daher nicht ganz so regelmäßig am Brett. Im Durchschnitt habe ich aber ca. 3x die Woche trainiert.
Mein Indoor-Training bestand zum geringsten Teil aus dem „Abarbeiten“ der o.g. Übungen. Ich habe in mein Krafttraining viel athletische Übungen sowie viel Antagonistentraining eingebaut. Da ich mir direkt nach dem ersten Test ein kleines Campusboard gebaut hatte, nutzte ich eher dies im Training. Am Kraxlboard habe ich gelegentlich Maxkraftübungen an den o.g. Griffen durchgeführt.
Christoph:
Mein Training war recht monoton. Ich entschied mich für ein maximalkräftiges Trainingsprotokoll am Kraxlboard, welches ich 2-3x pro Woche durchgeführt habe. Zwischen jeder Wiederholung machte ich 53 Sekunden Pause. Begonnen habe ich mit einer Hängzeit von 7 Sekunden ohne Zusatzgewicht unter Nutzung folgender Griffreihenfolge:
- 4 Finger half crimp
- 4 Finger open crimp
- 3 Finger open crimp
- 3 Finger open crimp
- 4 Finger open crimp
- Klimmzug und maximal blockieren
- 4 Finger open crimp
Insgesamt habe ich 4 Sets ausgeführt. In der nächsten Trainingseinheit habe ich die Hängzeit bereits auf 10 Sekunden erhöhen können, daraufhin auf 12 Sekunden, final auf 15 Sekunden. An dem Punkt entschied ich mich dafür, einen Rucksack mit 10 kg Zusatzgewicht zu nutzen und wieder auf 7 Sekunden Hängzeit zu wechseln. Nach Erreichen der 10 Sekunden erhöhte ich auf 15kg und begann erneut bei 7 Sekunden. Aktuell bin ich bei 15kg/10 Sekunden stehengeblieben, da ich nicht jede einzelne Wiederholung fehlerfrei schaffe.
Innerhalb der 53 Sekunden Pause mache ich 7 Kniebeuge. Nach Abschluss der Sets hänge ich je eine Einheit Plank, Liegestütze, Bizepscurls proniert & supiniert, Trizepsdrücken sowie Therabandtraining für die Rotatorenmanschetten dran.
An manchen boardfreien Tagen habe ich ein ergänzendes Ganzkörpertraining und/oder Stretching eingebaut.
WAS HAT ES GEBRACHT
Dirk:
Für mich war das Ganze erstmal ein Motivationsding. Training ohne Ziel und nur als reinen Selbstzweck zu betreiben geht für mich zwar auch, aber mit Ziel eben immer besser. Grundsätzlich verwende ich öfter mal unterschiedliche Übungen und Tools im Training, so dass ich für den zweiten Test bewusst nicht nur die o.g. Griffe benutzt und Übungen durchgeführt habe. Training ist und bleibt Vorbereitung für Boulder und Routen draußen und da sind die Griffe und Anforderungen auch sehr vielfältig.
Normalerweise würde jetzt der Weihnachtskletterurlaub anstehen. Ich hätte dann gut einschätzen können, wie deutlich das Mehr an Kraft sich auf die Schwierigkeitsgrade niedergeschlagen hätte.
So hat das Training einfach Spaß gemacht. Vielleicht tue ich mir für das Frühjahr noch einen dritten Test an, um mich weiter zu motivieren und für die dann hoffentlich wieder mögliche Kletterei draußen zu wappnen. Nach dem zweiten Test lasse ich es aber für ein zwei Wochen ruhiger angehen.
Christoph:
Für mich persönlich war und ist das Training ein toller Ersatz des Boulderns. Ich habe mich ausnahmslos in jeder Trainingseinheit spürbar verbessert, was unglaublich motivierend war. Zudem lässt sich das Training gut in den (Berufs-)Alltag integrieren.
Leider konnte ich in diesem Zeitraum nur einmal draußen bouldern, hatte hier jedoch das Gefühl, mich leistungstechnisch eher verbessert zu haben. Das ist natürlich nur ein ungefährer Eindruck, daher bin ich gespannt, wieviel das Training in der Praxis letztlich bringen wird.
Ein weiterer Vorteil ist die absolute Verletzungsfreiheit. Vielmehr fühlen sich meine geplagten Ringbänder sogar sehr viel besser an. Vermutlich liegt das an der Abwesenheit jeglicher Dynamik, aber who cares – Hauptsache es funktioniert. Ich habe mich jedenfalls dazu entschieden, das Training zumindest teilweise auch Post-Corona weiterzuführen. Anbei unsere Ergebnisse:
FAZIT
So ein Test ist für einen Freizeitsportler nichts Zwingendes, aber eine ganz nette „Standortbestimmung“ bezüglich der eigenen Kraftwerte.
Subjektiv hat man ja nie genug und schiebt das „Versagen“ in Routen/Boulder auch gerne darauf. Stimmen aber die Kraftwerte, sollte jeder Sportler seinen Fokus auch mal auf andere Parameter richten (Vorstiegsangst, fehlende Beweglichkeit, Motivation, Übertraining, etc.).
Für diese Standortbestimmungen sollte die selbst gewählten Tests schnell und einfach durchführbar sein. Sonst macht man sie eher nicht.
Für diejenigen, die einen einfachen Test verknüpft mit korrespondierenden Klettergraden haben wollen, weise ich auf das Video der Trainer von Magnus Midtbo (schwedisches O) auf der Webseite von LaCrux hin.
Hier sind vier leicht nachvollziehbare Übungen dargestellt. Die größte Schwierigkeit dürfte für den ein oder anderen sein, ausreichend Gewichte zu beschaffen ;-)
Der Alte
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